„Mama, gibts im Himmel Einhörner?“ will meine Fünfjährige wissen, während ich damit kämpfe ihre kleinen Füße in eine rosarote Strumpfhose zu zwängen und gleichzeitig meine Dreijährige sich huckepack an meinen Rücken gehängt hat.
Puh, ganze acht Jahre theologischen und pädagogischen Studierens haben mich irgendwie auf solch tiefschürfende Kinderfragen nicht vorbereitet. Ich atme erst mal durch, um Zeit zu gewinnen.
Einhörner sind grade ein großes Thema bei uns zu Hause. Keine Ahnung woher meine Töchter das haben. Von mir jedenfalls nicht. Vielleicht von ihrem Vater.
Während diese Hype in mir eher begrenzte Freude auslöst, überschlagen sich meine Töchter vor Begeisterung über pinke Einhornmähnen, Glitzer im Schweif und den bunten Regenbögen, auf denen die Einhörner anscheinend immer angeritten kommen.
Genug, dass diese fabelhaften Wesen nun schon das halbe Zuhause und die Familiengespräche belagern, da will ich sie ganz bestimmt nicht für alle Ewigkeit auch noch auf meinem himmlischen Sofa sitzen haben. Aber ich weiß, diese Antwort wird mir nur ein doppeltes missbilligendes Kinder-Stirnrunzeln einbringen.
Ich seufze innerlich. Natürlich. Kinderfragen sind wichtig. Ich möchte meine Kinder zu tüchtigen und wachen Menschen erziehen.
Aber ihre unzähligen Fragen immer befriedigend zu beantworten – tja, das ist eine andere Sache. Außerdem scheint jede ihrer unschuldigen Fragezeichen einen neuen Fragen-Katalog in meinen Briefkasten zu werfen:
Wie kann ich sie einerseits dazu ermutigen, offen für eine geistliche Welt zu sein, die genauso fantasievoll scheint wie die Welt der Einhörner, deren Existenz ich verleugne? Wie funktioniert es, sie zu überzeugen, dass Einhörner auf menschlichem Mist gewachsene Fabelwesen sind, der Regenbogen auf dem sie reiten aber Gottes felsenfestes Versprechen für unser Leben? Wie kann ich sie liebevoll göttliche Wahrheiten lehren, die es nicht zu sehen, nur zu glauben gibt? Sie mit den Realitäten dieser und jener Welt vertraut machen und ihren Sinn dafür schärfen, das eine vom anderen zu unterscheiden?
„Mama, gibts im Himmel Einhörner?“ ruft die kleine Stimme noch einmal. Die Strumpfhose sitzt. Aber meine Tochter will es wirklich wissen. Ist nicht bereit, sich von anderem ablenken zu lassen, bevor diese wichtige Frage geklärt ist.
Heiliger Bimbam, der Himmel ist ja schon ein verzwicktes Konzept für uns Große. Thronsaal des Allerhöchsten. Heimat des zum Himmel gefahrenen Schreiners und seinem Nachbarn, dem unbegreifbaren Geist, der weht, wo er will. Ein nebulöse Wohnort der Heiligkeit, Zukunfts-Immobilie aller Geretten, gefüllt mit Engelswesen, Harmonie und ewigem Harfenklang. Irgendwie scheitern wir alle daran, den Himmel zu erklären, weil bislang keiner von uns auch nur einen Blick durchs Schlüsselloch ergattern konnte.
Für meine Tochter ist das Bild noch etwas weniger komplex: der Himmel, da wohnt Jesus. Zusammen mit Opa, der dort endlich keine Schmerzen mehr hat. Und irgendwann werden wir alle da mal sein. Punkt. So einfach ist das.
Und vielleicht ist es das tatsächlich. Vielleicht mache ich es nur wieder erwachsenen-kompliziert. Wie so oft.
Ja, im Himmel – wo auch immer der geographisch liegt – da wohnt mein Vater. Und er ist es auch, der mich mit einem Augenzwinkern in diesem Moment daran erinnert, dass es die Talente des Schöpfers des Universums keinesfalls erschöpfen würde, auch noch ein paar Einhörner für den Tierpark in seinem Himmelreich zu schaffen.
Schließlich glaube ich an einen Gott, der all unsere Herzenswünsche kennt.
Kommentar schreiben